Eintrag vom 14.9.2020, 19 Uhr 52

Moria und die Politik der Bilder

Ich habe lange darüber nachgedacht, mich zum Thema „Moria“ öffentlich zu äußern, wollte auf keinen Fall ein Thema noch zusätzlich anheizen, bin dann aber zum Schluss gekommen, zu dieser schwierigen Sache ganz bewusst ein Statement abzugeben.

Als uns alle die Bilder aus Moria erreichten, war mein Reflex vermutlich der gleiche, wie bei allen Menschen, die damit konfrontiert wurden: Eine Schande, hier muss sofort geholfen werden, wie kann so etwas Furchtbares passieren?! Mich hat das sehr berührt!

Bei differenzierter Betrachtung habe ich nun aber auch einen differenzierten Zugang zu dieser Frage. Unbestritten ist, dass alles getan werden muss, um menschliches Leid in Summe zu vermeiden, und die vorliegenden Zustände in Moria, deren schrecklichen Bilder uns hier erreicht haben, entsprechen keineswegs der Menschenwürde.

Andererseits müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das nicht Bilder aus einem Kriegsgebiet sind, nicht aus Syrien, dem Jemen, oder anderen Krisengebieten. Nein, diese Bilder stammen aus Europa, aus Griechenland, der Wiege der hochentwickelten Demokratie. Nun möchte ich, was die Rolle in der Migrationsbewegung anbelangt, nicht mit den Griechen tauschen. Aber Fakt ist, dass in den letzten Jahren 2,6 Milliarden Euro aus der EU nach Griechenland zur Bewältigung dieser Rolle überwiesen wurden.

Die Zahlen sind zwar nicht vergleichbar, aber hätte es 2015 aus dem Gleisdorfer Stadtpark Bilder gegeben, wo Asylsuchende wochenlang im Freien übernachten hätten müssen, ich wäre zurecht mit harscher Kritik belegt worden.

Und nun frage ich mich schon, warum es den Griechen nicht gelingt, mit diesen europäischen Mitteln für menschenwürdige Unterkünfte zu sorgen! Denn das Procedere ist klar: Menschen, denen die Flucht nach Europa gelingt und in Griechenland stranden, verbleiben dort, um ihr Verfahren abzuwarten. Und Europa ist gefragt, einerseits für rasche Asylverfahren und entsprechende Infrastruktur in diesen Regionen der Fluchtziele zu sorgen.

Hat Österreich da in Summe genug getan?

Ganz generell haben wir seit 2015 am drittmeisten Menschen aufgenommen, europaweit die zweitmeisten Kinder.

Im März 2020 stellte Österreich Hilfslieferungen nach Griechenland (Wolldecken; Schlafsäcke; Isomatten; Feldbetten) sicher. Auch wurde 1 Mio. EUR für Betreuung von Flüchtlingen an UNHCR überwiesen. Im Frühjahr hat Österreich 181 Wohn- bzw. Sanitärcontainer zur Unterbringung von MigrantInnen nach Griechenland geschickt, im August folgten weitere 2 Mio. EUR vor allem für die medizinische Versorgung und Betreuung von MigrantInnen. Nach dem Brand in Moria stellte Österreich 1 Mio. EUR Soforthilfe über den Auslandskatastrophenfonds des Außenministeriums sicher und schafft wintersichere Unterkünfte für 2000 Menschen! Würden das alle Länder tun, hätten wir deutlich weniger Probleme vor Ort.

Und bis dato hat Österreich heuer(!) mehr als 700 unbegleitete Minderjährige in Grundversorgung aufgenommen. Weitere 170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bundesbetreuung könnten sofort auf die Länder aufgeteilt werden, die davor aus allen möglichen südlichen Flüchtlingslagern gekommen sind.

Und nun nehmen verschiedene Europäische Staaten 2, 4, 10, 20, oder 100 Kinder auf. Ein reiner Symbolakt? Schweden nimmt niemanden! Was ist mit den Kindern in Afrika, Bangladesch, was ist mit den hunderten Straßenkindern in Bukarest?

Wir helfen vor Ort, nachhaltig, und wir leisten seit Jahren im Europavergleich einen wesentlichen Beitrag in der weltweiten Migrations- und Flüchtlingsfrage. Ja, die Bilder aus Moria sind bedrückend und beschämend. Es kann aber nicht der Beginn eines Systems werden, ein Lager anzuzünden und den Bau weiterer Lager mit geworfenen Steinen zu verhindern, um eine Verlagerung nach Zentraleuropa zu erzwingen. Hier machen momentan die transportierten Bilder Politik.

Sorgen wir für menschliche Bedingungen vor Ort und für ordentliche und schnelle Asylverfahren und setzen wir den österreichischen Weg wie bisher fort.

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Bisherige Kommentare:

Kommentar vom 18.9.2020, 19 Uhr 35 von Christoph Stark

AW: Kinder von Moria

Lieber Christian,

danke für dein Posting zu meinem Blog!

Dass Mütter – wie du schreibst – mit ihren Kindern auf der Wiese unter freiem Himmel neben der Straße schlafen müssen, keine Windeln für ihre Kinder und die Babys haben usw. ist in der Tat ein Skandal!!! Das will ich drei Mal unterstreichen!

Aber das müsste nicht sein, wenn Griechenland seine Aufgaben machen würde, wofür es aus Europa sehr viel Geld gab.

Und Griechenland wird weiterhin ein Aufnahmeland aus Richtung der Türkei bleiben. Ich weiß, eine öffentliche pragmatische Betrachtung ist ausgesprochen unangenehm. Aber Fakt ist, dass sich dieses Leid in Summe nicht ändern würde, wenn Österreich 5, 10, 20 oder 100 Kinder aufnehmen würde. Denn diese europäische Verteilung (die ich in Summe befürworte), würde derzeit wohl nur ein „Nachrücken“ aus den türkischen Lagern auslösen. Und dann? Dann kommen die nächsten furchtbaren Bilder aus Griechenland.

All das ist keine Lösung eines international brennenden humanitären Problems!

Liebe Grüße!
Christoph

Kommentar vom 18.9.2020, 16 Uhr 01 von Christian Gremsl

Kinder von Moria

Lieber Christoph,
ich schätze deine Arbeit als Bürgermeister von Gleisdorf sehr. Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass du unser Frontman bist und sogar im Parlament sitzt.
Doch was die Flüchtlingsproblematik in Moria angeht, bin ich tatsächlich anderer Meinung.

Es ist aus psychologischer Forschung bekannt, dass die ersten 3 Lebensjahre eines Menschen der wichtigste Grundstein für ein gesundes seelisches Leben darstellt. In den ersten 3 Lebensjahren sind häufig Ursachen für spätere psychische Störungen zu finden.

Frau Doro Blanke von der Organisation "Home for all" berichtet, dass Mütter mit ihren Kindern auf der Wiese unter freiem Himmel neben der Straße schlafen müssen. Sie haben keine Windeln für ihre Kinder und die Babys
verbringen die Zeit in ihren eigenen Exkrementen.

Mal ganz ehrlich, welche Symbolwirkung hat es, dass wir 8 Mio. Österreicher es nicht schaffen ein paar hundert Kinder aus diesem Elend vorübergehend heraus zu holen? Wir könnten ja diese Kinder vorübergehend aufnehmen und wenn es die Rahmenbedingungen in Griechenland zulassen, wieder sicher zurück bringen. Die Kinder könnten bei uns eine liebevolle Aufnahme und Zuneigung erfahren. Wie heilvoll wäre es für die Kinder, wenn sie in ihren Jungen Monaten oder Jahren schon Hilfe, Zuneigung und Liebe von anderen Menschen erfahren dürften?

Ich bin selbst Vater 2 Söhne und ich kann diese Gedankengänge unserer Regierung nicht nachvollziehen!

In diesem Sinne hoffe ich wirklich, dass die Entscheidungsträge im Sinne der Menschen und nicht im Sinne einer hypothetischen Symbolwirkung handeln.

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Liebe und Gute.
Herzliche Grüße,
Christian Gremsl

 
 
 
 

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Am 9. Juni sind alle Wahlberechtigten in Österreich aufgerufen, die Neuzusammensetzung des Europäischen Parlaments mitzubestimmen. Alle Infos zur Wahl finden Sie zeitgerecht an dieser Stelle und auf gleisdorf.at!

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Es wurde lange verhandelt, nun ist es fix. Die Gemeinden werden vom Bund mit 1 Milliarde Euro in Zeiten der Teuerung unterstützt.

DANKE!

Beim ÖVP-Stadtparteitag am 18.04.2022 wurde das gesamte Team des Stadtparteivorstandes mit 100% bestätigt, ich durfte mich über 97,6% der Delegiertenstimmen freuen und betrachte es als echten Auftrag für die kommenden fünf Jahre! Vielen Dank für das Vertrauen!

DANKE!

DANKE, DANKE, DANKE! Das sind die Ergebnisse der Gemeinderatswahl 2020 Gleisdorf, in Klammer die Ergebnisse von 2015:

  • ÖVP: 2565 Stimmen (2955), 57,87% (52,50%), 18 Mandate (17)
  • SPÖ: 558 Stimmen (1358), 12,59% (24,13%), 4 Mandate (8)
  • FPÖ: 441 Stimmen (662), 9,95% (11,76%), 3 Mandate (3)
  • GRÜNE: 868 Stimmen (526), 19,58% (9,34%), 6 Mandate (3)

Die Themen 2020 - 2025

Hier finden Sie all jene Themen, für die mein Team und ich in den kommenden Jahren eintreten und konsequent daran arbeiten werden, diese für unsere Stadt umzusetzen. Dieses Programm ist ein Ergebnis hunderter Hausbesuche, persönlicher Gespräche, zweier Klausuren und vieler inhaltsstarker Diskussionen – ein guter Boden für eine erfolgreiche Zukunft von Gleisdorf!